In einer kleinen Straße, wo quasi Haus an Haus steht, finden wir dieses Schmuckstück. Von außen sieht man erstmal nur ein kleines Häuschen, was ziemlich weit hinten auf einem Rasenstück steht – Rasen wurde hier schon einige Zeit nicht mehr gemäht. Das Haus selbst wirkt unscheinbar, es ist leicht zu übersehen, wie es da so heruntergekommen und etwas windschief steht.
Drinnen sehen wir als allererstes dieses wunderschöne Kaminzimmer, alles wirkt so heruntergekommen und doch so unberührt zugleich. Der Tisch ist noch gedeckt vom letzten Kaffee trinken, unzählige Bücher liegen herum. Das Sofa ist durchgesessen und wirkt trotzdem so hochwertig. Der ganze Raum versprüht einen wahnsinnig urigen Charme.
Auf einer der Kommoden liegen Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass die Bewohner des Hauses einen Kredit aufgenommen haben und das Haus als Hypothek angegeben haben. Aus weiteren Dokumenten geht hervor, dass die Bewohner des Hauses Schulden hatten – wieso genau haben wir leider nicht herausfinden können. Die Unterlagen sind alle an eine weibliche Person adressiert, zuletzt hat jedoch ein Mann alleine in dem Haus gelebt. Dieser ist inzwischen wohl über 90 Jahre alt und lebt in einem Pflegeheim.
Über die sehr morsche Treppe gelange ich in das obere Stockwerk, meine Begleitung war etwas klüger als ich und hat das obere Stockwerk nicht betreten, da die Treppe ihre besten Jahre wirklich schon sehr lange hinter sich hat.
Oben betrete ich als erstes das Schlafzimmer – zumindest trete ich einen Schritt hinein. Weiter komme ich nicht, da sich vor mir ein großes Loch im Boden auftut und das massive Holzbett daneben schon gefährlich schief steht. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es eine Etage tiefer in die Küche fällt. Das Bett ist penibel gemacht, die etwas gewöhnungsbedürftige Tagesdecke liegt ordentlich ausgebreitet über dem Bettzeug. Auf der schmalen Kommode gegenüber stehen Bilder, unter anderem ein altes Hochzeitsbild – vermutlich von den ehemaligen Bewohnern. Vor dem Fenster steht eine alte Trockenhaube, wie man sie aus alten Friseursalons kennt. Neben dem Bett steht ein Hocker mit staubigen Lederschuhen.
Auch hier wirkt alles so unberührt und so aufgeräumt, als könnten die Besitzer jeden Moment zur Tür hereinkommen, obwohl die abblätternden Tapeten und der morsche Holzboden kaum zu übersehen sind.
Ein Zimmer weiter ist ziemliches Chaos – ein großes Bett steht darin, alte Kindersachen und ein Kinderwagen. Auch dieser Raum ist kaum zu betreten, da auch hier der Boden nicht mehr lange hält. Trotzdem konnte ich nicht widerstehen näher an den alten Schminktisch zu treten. Der Spiegel trägt deutlich sein Alter zur Schau und auch die Dinge auf dem Tisch zeigen, wie lange es her ist, dass sich jemand hier zurecht gemacht hat. Auch hier wirkt alles so unberührt, alles wird von einer feinen Staubschicht bedeckt.
Mein letzter Weg, nachdem ich den Abstieg auf der maroden Treppe überstanden habe, führt mich in die Küche. Auch hier herrscht eine besondere Atmosphäre – der Tisch ist gedeckt mit schicken Kristallgläsern, rostigem Besteck und vor allem mit lauter Büchern. Die meisten sind wieder auf Französisch, genau wie die zahlreichen Dokumente, die wir finden. Dazwischen liegt ein Wörterbuch Französisch-Niederländisch und mehrere alte Kochzeitschriften. Auch die Lesebrille liegt griffbereit.
Den Kühlschrank finde ich irgendwie besonders schön und kann nicht widerstehen ihn mit einem ohrenbetäubenden Quietschen zu öffnen. Danach bin ich froh, dass ich ihn wieder unversehrt geschlossen bekommen habe, ohne den Griff dabei abzureißen und in der Hand zu halten.
Nach weit über einer Stunde laufen wir die kleine Verandatreppe wieder hinunter und durchqueren den großzügigen verwilderten Vorgarten zurück, staunend darüber, was wir da wieder sehen durften. Und mit lauter Fragen im Kopf : Wieso lässt man alles so unberührt zurück? Wieso packt man nicht mal alte Bilder, insbesondere sein Hochzeitsbild, ein? Wieso hat die Bank nicht das Haus verkauft, wenn die Bewohner doch scheinbar ihre Schulden nicht bezahlen konnten?